EFTA beharrt auf UPOV-Klausel in FTA-Verhandlungsmandaten

Call to Action Stop EFTA countries to undermine Farmers' Rights to SeedDie Antwort der EFTA auf den offenen Brief vom Juni 2020, unterstützt von 250 Organisationen weltweit, ist enttäuschend. Obwohl die EFTA Offenheit für unser Anliegen signalisiert, hält sie an der Forderung nach UPOV 91 in Freihandelsabkommen fest. Das Recht auf Saatgut ist damit weiterhin unter Druck

Im Juli 2020 forderten 250 Organisationen aus 60 Ländern die Regierungen der Schweiz, Norwegens und Liechtensteins in einem offenen Brief (EN/ESP) auf, den Ländern des globalen Südens keine strengen Sortenschutzgesetze gemäss UPOV 91 aufzudrängen. Standards, die sie selbst nicht erfüllen, aber in Freihandelsverhandlungen von den Partnerländern fordern. Im Brief wird verlangt, die Forderung nach UPOV aus ihren Verhandlungsmandaten für zukünftige FTAs zu streichen.

Irreführende Antworten

Fünf Monate später, im Dezember 2020, haben wir einen Antwortbrief der EFTA erhalten, unterzeichnet von Bundesrat Guy Parmelin, Schweizer Wirtschaftsminister und im Jahr 2020 Vorsitzender des EFTA-Rates. Der Brief ist vage formuliert und enthält mehrere Ungenauigkeiten, die die Schweizer Koalition Recht auf Saatgut kommentiert und korrigiert hat.  Positiv bewerten wir, dass die EFTA eine UPOV-Mitgliedschaft bzw. gesetzliche Umsetzung der UPOV Standards nicht als Voraussetzung für den Abschluss eines Freihandelsabkommens erachtet. Ebenfalls begrüssen wir die im Brief erklärte Offenheit der EFTA, alternative Lösungen zu finden, die auch die Situation der Landwirte in den Partnerländern berücksichtigen, die von den bäuerlichen Saatgutsystemen abhängig sind.

Verhandlungsmandat wird angepasst…

Ende Januar 2021 wurde eine Delegation der Schweizer Koalition Recht auf Saatgut, die den offenen Brief initiiert hatte, zu einem Treffen mit den Schweizer Behörden eingeladen. Dort informierten die Regierungsvertreter*innen über eine mögliche Ergänzung des EFTA-Verhandlungsmandats als Reaktion auf die Forderungen der Zivilgesellschaft.

Konkret schlugen sie einen zusätzlichen Artikel über „genetische Ressourcen und traditionelles Wissen“ vor, der sich auf die „Rechte und Pflichten in Bezug auf genetische Ressourcen und damit verbundenes traditionelles Wissen bezieht, wie sie in der Konvention über die biologische Vielfalt, dem Internationalen Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und anderen relevanten internationalen Abkommen festgelegt sind, bei denen sie [die unterzeichnenden Länder] Vertragspartei sind.» Die Umsetzung dieser Vereinbarungen sollte „in einer sich gegenseitig unterstützenden Weise mit den oben in Absatz 1 genannten internationalen Vereinbarungen“ erfolgen – zu denen, laut mündlichen Aussagen, immer noch UPOV 91 zählt.

… aber UPOV 91 bleibt Priorität

Wenn die EFTA in ihrem Verhandlungsmandat jedoch an der Forderung nach einer UPOV-Mitgliedschaft bzw. der Umsetzung der UPOV 91 Standards festhält, ändert ein zusätzlicher Artikel über weitere internationale Abkommen nichts am eigentlichen Problem. Denn eine UPOV-Mitgliedschaft erfordert eine wortwörtliche Umsetzung der Akte in nationales Recht – was bei den anderen Abkommen, auf die der neue Artikel Bezug nimmt, nicht der Fall ist. Die Beibehaltung der UPOV-Anforderung und die Hinzufügung eines neuen Artikels über andere internationale Abkommen eröffnet damit nur neue Konflikte.

Einsatz gegen UPOV geht weiter

Dem grundsätzlichen Anliegen des offenen Briefes wird nach wie vor nicht Rechnung getragen. Die von der EFTA angesprochene Flexibilität, dass UPOV 91 keine Voraussetzung für den Abschluss eines FHA ist, muss aus Sicht der Schweizer Koalition Recht auf Saatgut von Anfang an kommuniziert werden. Wir werden uns daher weiterhin dafür einsetzen, dass die EFTA ihre Forderung nach einer UPOV-Mitgliedschaft bzw. einer Umsetzung der UPOV 91 Standards aus ihrem Verhandlungsmandat streicht. Die bestehenden Doppelstandards sind scheinheilig und unfair und führen zu negativen Auswirkungen auf das Menschenrecht auf Nahrung und die biologische Vielfalt.

Neue Studie zur Umsetzung der UN-Bauernrechtsdeklaration durch die Schweiz

Bauern und Bäuerinnen ernähren die Welt und sind aber in vielen Ländern auch die Hauptbetroffenen von Hunger und extremer Armut. Seit 2018 legt die UN-Deklaration die Rechte der weltweit marginalisierten Kleinbauern und -bäuerinnen fest, auch das Recht auf Saatgut. Eine neue Studie zeigt, dass in der Schweizer Aussenpolitik ein beachtlicher Handlungsbedarf besteht, um die Umsetzung der UN-Deklaration, zu der sich die Schweiz verpflichtet hat, voranzubringen.

Der UN Deklaration widmet sich auch die Tagung zum Welternährungstag 2020 «Bauernrechte in den Mühlen der Wertschöpfungskette». Hier geht es zum Programm.

Schluss mit dem EFTA-Powerplay gegen den Süden!

Medienmitteilung der Schweizer Koalition Recht auf Saatgut

Die Schweiz, Liechtenstein und Norwegen untergraben das Recht auf Saatgut in den Ländern des globalen Südens

Bern, 9. Juli 2020 – 250 Organisationen aus 60 Ländern rufen die Schweiz, Norwegen und Liechtenstein in einem offenen Brief dazu auf, den Ländern des globalen Südens nicht länger strenge Sortenschutzgesetze aufzudrängen, die sie selber nicht erfüllen. Diese Forderung der EFTA-Länder nach strengem Sortenschutz – eine Art Patentschutz auf Saatgut – schränkt den freien Umgang mit Saatgut drastisch zu Lasten der Bäuerinnen und Bauern im globalen Süden ein. Das Recht auf Nahrung, die Ernährungssouveränität und die agrarbiologische Vielfalt sind gefährdet.

250 Organisationen aus der ganzen Welt haben sich aus Sorge um die bäuerlichen Saatgutsysteme, die ein Garant für die agrarbiologische Vielfalt und eine unverzichtbare Ressource für die Züchtung neuer Nutzpflanzen sind, an die Regierungen der Schweiz, Liechtenstein und Norwegen gewandt. Sie verlangen, dass die Forderung nach UPOV-91-kompatiblen Sortenschutzgesetzen aus den Verhandlungsmandaten für künftige Freihandelsabkommen gestrichen werden.

Seit über zwanzig Jahren machen die Länder der Europäischen Freihandelsassoziation EFTA (Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz) in ihren Freihandelsabkommen Druck auf die Länder des globalen Südens, Sortenschutzrechte gemäss dem internationalen Übereinkommen UPOV 911 einzuführen. Dies hat eine unverhältnismässige Einschränkung der Rechte der Bäuerinnen und Bauern, Saatgut für die nächste Aussaat zurückzubehalten, zu tauschen und zu verkaufen, zur Folge. Und das obwohl die Schweiz, Norwegen und Liechtenstein2, diese Standards in ihrem eigenen Land nicht umsetzen.

Dieser «Double Standard» ist umso stossender, als in den Ländern des Südens die bäuerlichen Saatgutsysteme, die durch die UPOV-Standards in ihren Grundfesten erschüttert werden, eine viel zentralere Bedeutung für die Ernährung und Einkommenssicherung haben als in Europa. Den Ländern des globalen Südens diese Standards aufzuzwingen, die ohne ihre Beteiligung ausgehandelt wurden, ist ein neokoloniales Diktat. Die Länder sollen selbst über Gesetze und Politiken in Bezug auf Saatgut, die ihrem landwirtschaftlichen System und den Bedürfnissen ihrer Bevölkerung entsprechen, entscheiden können.

Aktuell verhandelt die EFTA ein Abkommen mit Malaysia. Im Februar 2020 standen auch intellektuelle Eigentumsrechte inklusive Sortenschutz à la UPOV 91 auf der Agenda. Es ist gerade im Fall Malaysia unverständlich, warum die EFTA-Länder auf UPOV 91 beharren. Das Land verfügt bereits über ein Sortenschutzgesetz, das in einem beschränkten Rahmen auch die Rechte der Bäuerinnen und Bauern auf Saatgut respektiert. Die «Koalition Recht auf Saatgut» hat Mitte Juni gegenüber dem Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft in einer Replik ihre Besorgnis darüber eindringlich dargelegt und dessen Argument ‘Sicherung des Wirtschaftsstandorts Schweiz’ zurückgewiesen.

Der Verzicht auf UPOV Standards in Freihandelsabkommen wäre ein bedeutender Beitrag zur Erreichung der Ziele der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung, insbesondere dem Ziel Nr.2 (Kein Hunger) und dem Ziel Nr. 15, welches dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende setzen will.

Für weitere Informationen:

 

1 UPOV = Internationales Übereinkommens zum Schutz von Pflanzenzüchtungen. Die Akte von 1991 wurde von nur 19 Industrieländern des Nordens und Südafrika für ihre eigenen Bedürfnisse verhandelt.

2 Island hat ein nationales Sortenschutzrecht nach UPOV 91 Standards

Seco geht nicht auf die Anliegen der rund 2’400 Bäuerinnen und Bürger ein

Gruppe von Bauern und Bäuerinnen halten Brief ans SEKOIn einer Stellungnahme vom Februar 2020 reagiert das Seco die  über 1’300 Briefe, die es von rund 2’400 Menschen aus 11 Ländern Afrikas, Asiens, Lateinamerikas sowie der Schweiz erhalten hat. Sie fordern vom Seco, in den Freihandelsabkommen der Schweiz zukünftig auf Sortenschutzgesetze à la UPOV91 zu verzichten. In seiner Stellungnahme schreibt das Seco, dass die «Schweiz den Beitritt zu UPOV nicht zur Voraussetzung für den Abschluss eines Freihandelsabkommens» machen würden. Für die Schweizer Koalition Recht auf Saatgut ist diese Behauptung irreführend. Denn die Forderung nach dem Beitritt zu UPOV oder nach einem Sortenschutzgesetz, welches den UPOV ’91 Kriterien entspricht, bleibt eine Grundforderung der Schweiz beim Beginn aller Verhandlungen mit nicht-UPOV Staaten. Sie hält trotz massiver Kritik an dieser Forderung fest, wie nicht zuletzt die vorliegende Stellungnahme zeigt.

Auf das konkrete Anliegen der Briefe, in den laufenden Verhandlungen mit Malaysia auf die Forderung nach UPOV zu verzichten, geht die Stellungnahme nicht ein. Zwar wird dort suggeriert, das Seco sei offen für «Alternativlösungen» zum strengen Sortenschutz à la UPOV91, wie das kürzlich abgeschlossene Abkommen mit Indonesien zeige. Doch verlangt die Schweiz auch von Indonesien die Umsetzung aller «wesentlichen Bestimmungen» von UPOV91 und schränkt damit die Bauernrechte am Saatgut stark ein. Von einer Alternativlösung kann in diesem Fall also nicht die Rede sein.

Bäuerin hält Brief ans SEKOExplizit verweist das Seco auf den Forschungsstandort Schweiz, der «auch in Partnerländern an einem angemessenen Schutz der Rechte an geistigem Eigentum interessiert ist» und macht damit klar, dass sie auch weiterhin die Interessen von kommerziellen und staatlichen Züchter*innen, darunter die marktdominierenden internationalen Agrarkonzerne, höher gewichtet als die Rechte der Bäuerinnen und Bauern. Die Stellungnahme schliesst mit der Bereitschaft des Seco, «den Dialog mit den verschiedenen Interessengruppen weiterzuführen». Die Schweizer Koalition Recht auf Saatgut wird das Gespräch mit dem Seco weiterführen. In einer ausführlichen Replik hat die Koalition Recht auf Saatgut die einzelnen Punkte der Stellungnahme kritisch analysiert.

Download: Replik auf die Stellungnahme des SECO

Saatgutvielfalt für alle – Webinar

 

Lokale, ökologische Produkte und direkte Lieferketten erfahren während der Covid-19 Pandemie eine nie dagewesene Wertschätzung. Wie wichtig die lokale Landwirtschaft und der Zugang zu Saatgut für eine gesicherte Versorgung der Menschen mit Nahrungsmitteln ist, wurde uns neu vor Augen geführt.

Am Webinar von SWISSAID und ProSpecieRara beleuchten Experten aus Kolumbien und der Schweiz am 7. Juli um 17 Uhr die strategische Bedeutung des bäuerlichen Saatguts für eine nachhaltige Ernährung weltweit und diskutieren mögliche Einflüsse von Covid-19 auf den notwendigen Paradigmenwechsel unseres Ernährungssystems.

Hier geht’s zur Anmeldung.

Ecuador: Mitglieder der Zivilgesellschaft prangern das Freihandelsabkommen mit der Schweiz an

Arc en Ciel de MaïsDie Plattform „Ecuador entscheidet besser ohne Freihandelsabkommen“ prangert ein Freihandelsabkommen an, von dem vor allem die Schweiz profitiert. Insbesondere prangern sie die Stärkung der geistigen Eigentumsrechte an Saatgut an.

In Ecuador ist soeben das Freihandelsabkommen mit der EFTA, deren Mitglied die Schweiz ist, in Kraft getreten, nachdem es mitten in der Coronavirus-Pandemie vom Parlament und vom Verfassungsgericht ratifiziert wurde. Die Mitglieder der Plattform „Ecuador entscheidet besser ohne Freihandelsabkommen“ prangern einen Vertrag an, der vor allem der Schweiz zugutekommt. In diesem Interview prangern sie insbesondere die Stärkung der geistigen Eigentumsrechte an Saatgut an.

„Genf ist der Hauptsitz der UPOV, des Internationalen Verbandes zum Schutz von Pflanzenzüchtungen, der das geistige Eigentum an Pflanzensorten fördert. In diesem Zusammenhang könnte von Ecuador verlangt werden, der Charta UPOV-91 anstelle der derzeitigen UPOV-78 beizutreten, was zu einer größeren Abhängigkeit und Kontrolle der Unternehmen im Agrarsektor führen würde. Und dann ist da noch Nestlé, der globale Riese, der einen sehr wichtigen Teil des Marktes für Milch und verarbeitete Lebensmittel kontrolliert. Mit anderen Worten, wir sind mit einer Zunahme von Bedrohungen und Auswirkungen konfrontiert, die darauf abzielen, die Grundlagen unserer Ernährungssouveränität und die Pflege und Verteidigung von Territorien und Natur weiter zu untergraben und die Bedingungen von Enteignung und Ungerechtigkeit zu vertiefen“.

Lesen Sie das vollständige Interview (auf Spanisch) hier.

Internationaler Saatguttag: hunderte Organisationen fordern die Kontrolle über das Saatgut zurück

Seit zwanzig Jahren feiern die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) und der Internationale Verband zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV) am 26. April den Welttag für geistiges Eigentum. In diesem Jahr unter dem Motto «Innovationen für eine grüne Zukunft». Gemäss WIPO und UPOV sei das geistige Eigentumsrecht an Saatgut, also der Sortenschutz nach UPOV und die Patente, gleichbedeutend mit der Innovationsförderung in der Pflanzenzüchtung. Über 200 Organisationen verurteilten diese irreführende Maxime und riefen deshalb zum Internationalen Saatguttag auf, der die Arbeit und das Wissen von Millionen von Bäuerinnen und Bauern und indigenen Völkern honoriert. Denn sie sind die eigentlichen Träger der Innovation, und seit Jahrhunderten verantwortlich für die Saatgutgewinnung, den Erhalt der Biodiversität und die Sicherstellung unserer Nahrung.

Die Kontrolle über das Saatgut muss zurück in ihre Hände gelangen!

Lesen Sie hier den Aufruf, den auch die Koalition Recht auf Saatgut unterstützt hat.

Erfolgreiche Demo «Essen ist Politisch»

Über 4500 Personen gingen am 22. Februar auf die Strasse, um für eine sozialere und ökologischere Landwirtschaft zu demonstrieren. Bäuerinnen, Bürger, Politikerinnen und Aktivisten von jung bis alt sorgten für einen bunten und fröhlichen Umzug. In Vorfeld hatten die Beteiligten gemeinsam die Vision 2030 für eine Landwirtschaft mit Zukunft erarbeitet, um zu skizzieren wie die Schweizer Landwirtschaft in 10 Jahren aussehen könnte. Die Vision wurde im Anschluss an die Demo an Parlamentarier und Parlamentarierinnen übergeben.

Die Saatgutkoalition war durch Brot für alle und Fastenopfer auf dem Bundesplatz mit einem Stand vertreten, wo die Teilnehmer*innen der Demo die Briefaktion an das Seco unterstützen konnten. Tina Goethe konnte mit einer kurzen Rede auf die Problematik des Saatguts aufmerksam machen. Die Briefaktion stiess auf grosses Interesse. 230 Personen haben während der Demo einen Brief an das Seco geschrieben, mit der Forderung künftig in Freihandelsabkommen darauf zu verzichten, Länder des Südens zu einem restriktiven Sortenschutz zu zwingen und damit die Rechte der Bäuerinnen und Bauern zu beschneiden.

Menschen aus aller Welt setzten sich zur Wehr

Bäuerin mit Brief an Seco«Liebes Staatssekretariat für Wirtschaft»

Rund 1173 Bilder mit über Tausend Personen haben uns bereits erreicht – Bäuerinnen und Bauern aus dem Süden und Menschen aus der Schweiz: Internationale Fotogalerie mit Protestbriefen an das Seco

Schreiben auch Sie einen Brief ans Seco und zeigen Sie sich solidarisch mit den Bauernfamilien in Malaysia und anderswo (Aktion abgelaufen).